Achtsamkeit & Körpergefühl

Dez 23, 2020 | Blog, mamaFIT only for me

Autorin: Lena Zimmermann

Lieber Körper, warum tust du das?

Wann hast du das letzte Mal ganz bewusst einen Kaffee oder eine Tasse Tee getrunken, ohne dabei etwas anderes zu tun? Damit ist auch nicht gemeint, nebenbei die Zeitung zu lesen, Nachrichten zu hören oder mit dem Handy zu spielen. Einfach nur dasitzen, der Kaffee in der Hand, der Blick in die Weite, den Moment, die Stille genießen. Sich selbst mal ganz wichtig nehmen, nur mit sich selbst beschäftigen. Nur 5 Minuten am Tag. In der heutigen Gesellschaft fast undenkbar! Und dabei wäre es so vermeintlich einfach und vor allem, so wichtig! Lieber beschäftigen wir uns mit dem Umfeld. Bilden unsere Meinung über die Freundin einer Bekannten. Person X sollte vielleicht öfter mal durchatmen. Person Y würde unserer Meinung nach etwas Urlaub mal guttun. Aber bei uns selbst? Da haben wir verlernt zuzuhören! Wem sollen wir denn zuhören? Na, unserem Körper! Dem ehrlichsten und kompromisslosestem Begleiter an unserer Seite. Denn er weiß am allerbesten, was er braucht, was wir für ihn tun können, damit es uns beiden gut geht. Oft bekommen wir aber nicht die Antwort, die wir hören wollen. Ignorieren wir lieber das Gehörte und werfen uns lieber eine Pille ein, damit der Körper so funktioniert wie wir es wollen. Wir behandeln unseren treuesten Begleiter wie eine Maschine, treten ihn mit Füßen und vergessen oft, dass wir nur diesen einen Körper zum Leben haben! Bis wir dann „plötzlich“ die Quittung bekommen und unser Körper uns durch eine Verletzung oder Krankheit zur Pause zwingt, weil wirklich nichts mehr geht. Aber warum ist das so? Warum sind wir Menschen häufig so „doof“ und lernen erst etwas zu verändern, wenn es fast zu spät ist? Auch ich musste erst lernen auf meinen Körper zu hören. Musste lernen, dass es nicht immer Vollgas sein muss bzw. kann, sondern Ruhe und Entspannung genauso wichtig sind. Sympathikus und Parasympathikus – Teile unseres vegetativen Nervensystems im Einklang, sonst funktioniert auf Dauer etwas nicht. Das ist bereits von Natur aus so vorgesehen. Der Sympathikus stellt den Organismus auf eine Aktivitätsbewegung ein und der Parasympathikus überwiegt zum Ausgleich in Ruhe- und Erholungsphasen. Oft wird dieser ruhende Teil aber von vielen von uns vernachlässigt. Bei mir war es dann am Ende ein Bandscheibenvorfall, welcher mich wirklich zwang, alle alten Gewohnheiten zu überdenken und mich mit meinem Körper auseinanderzusetzen. Mein Nervensystem war komplett entzündet und jede kleine Bewegung war mit Schmerz verbunden. Anfangs bin ich trotzdem weiter gejoggt, habe mich wenig eingeschränkt. Auch wenn ich zunächst während der Trainingseinheiten keine Schmerzen hatte, so bekam ich jedes Mal die Quittung nach dem Training. Und irgendwann war auch kein schmerzfreies Joggen mehr möglich und erst da fing ich an mir Gedanken zu machen. Mit viel Geduld, sehr guter Physiotherapie und der Akzeptanz, meinen Körper, mit all seinen Grenzen, so zu nehmen wie er ist, bin ich Schritt für Schritt wieder auf die Beine gekommen. Heute kann ich mich im Alltag wieder schmerzfrei bewegen, achte aber darauf, dass ich täglich meine Stabiübungen mache und es nie zu viel ist, was ich mir vornehme. Ich habe länger gebraucht, diesen Zustand zu akzeptieren und mich zu Beginn auch dafür geschämt, dass mir, als Trainerin, so etwas passiert ist. Erst mit der Zeit habe ich gelernt die Situation so anzunehmen wie sie ist und den Ist-Zustand zu akzeptieren. Ich habe gelernt, dass mancher Rückschritt auch ein Fortschritt sein kann und gezielte Pausen mindestens genauso wichtig sind. Heute sehe ich es sogar als Vorteil an, dass ich diesen Bandscheibenvorfall hatte. So kann ich mich besser in meine TeilnehmerInnen hineinversetzen, wenn sie Schmerzen haben. Und kann ihnen gezielt Übungen und Tipps zur Verbesserung mitgeben. Auch, wenn ich inzwischen versuche gut auf meinen Ausgleich von Sympathikus und Parasymphathikus zu achten, erwische ich mich ab und zu doch wieder, wie ich in mein altes Verhaltensmuster komme. Es wird wohl ein lebenslanger Lernprozess bleiben. Kommt dir das irgendwie bekannt vor? Dann versuche doch mal bewusst in dich zu gehen und dich zu fragen, warum du nach einer längeren Pause, sei es durch Krankheit, Schwangerschaft oder einer Verletzung, direkt wieder von Null auf Hundert gehen musst. Oder warum du alle paar Wochen eine Nasennebenhöhlenentzündung hast oder du dich alle paar Wochen nicht so gut fühlst. Gerade im mamaFIT Training erlebe ich es so oft, dass die Mamas nach der Schwangerschaft so schnell wie möglich wieder ihrem geliebten Hobby, wie Reiten, Laufen, Klettern, Ski fahren, etc. nachgehen wollen. Und viele fangen meistens zu früh damit an. Viele, egal ob schwanger oder Pause durch Verletzung, nehmen die Sportfreigabe vom Arzt als Freifahrtschein dafür, dass sie wieder alles tun und machen können, was sie vor der Pause gemacht haben. Die meisten vergessen dabei, dass der Körper in der Zeit des Pausierens Muskeln abgebaut hat und der Stütz- und Bewegungsapparat erst langsam wieder an die Belastungen gewöhnt werden muss. Der Arzt schaut bei der Abschlussuntersuchung lediglich darauf, ob die Verletzungen wieder verheilt sind. Dieses bedeutet aber noch lange nicht, dass du direkt wieder Vollgas geben kannst. Versuche es doch mal langsamer anzugehen. Das Pferd freut sich auch, wenn du dich anfangs nur 10 Minuten im Trab mit ihm bewegst und dafür aber regelmäßig vorbeischaust. Fange doch mal an in dich hineinzuhorchen. Vielleicht musst du das auch erst mal etwas trainieren, und musst manchmal auch zweimal hinhören, was der Körper genau meint – ob er jetzt wirklich gerade „Sofa“ gesagt hat, oder ob er sich erst nach einer halben Stunde Joggen hinlegen will. Aber wenn du dich mal wirklich darauf einlässt, wirst du sehen wie gut es beiden, Körper und Seele, tut. Eure Lena www.mamafit.at/trainer/lena-zimmermann

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