Zwillinge stillen- Geht das überhaupt?
Zwillinge stillen- Tipps & Tricks
Autorin: Dagmar Gracher
Als sich im Sommer 2008 herausstellte, dass unser Nachzügler-Wunschkind doppelt ausfallen wird, war ich zunächst etwas geschockt – ich war zu diesem Zeitpunkt immerhin schon 43 Jahre alt. Meine Gedanken kreisten um folgende Fragen: Wie werden die Schwangerschaft und die Geburt ablaufen? Werden sie gesund sein? Wie mache ich das nur mit zwei Babys gleichzeitig? Was für mich von Anfang an außer Frage stand, war, dass ich die beiden auf alle Fälle voll stillen werde und dass das selbstverständlich klappen wird. Wieso konnte ich mir da so sicher sein? Diese Frage werden sich wohl einige stellen. Nun ich hatte schon drei mehr oder weniger erwachsene Töchter, die ich alle problemlos gestillt habe. Also war das Thema „Zwillinge stillen“ kein Thema für mich, sondern selbstverständlich. Diese sehr positive und optimistische Grundhaltung hat sich zum Glück sehr bewährt, auch wenn es einige kleine Rückschläge gab.
Meine eineiigen Mädchen – Ja, ich habe fünf Töchter! – kamen in der 38. SSW per geplanten Kaiserschnitt, den ich mir gern erspart hätte, gesund und kräftig zur Welt. Sie haben schon beim ersten Anlegen brav genuckelt und hatten am ersten Tag mit dem sehr gehaltvollen Kolostrum (Erstmilch, Vormilch) genug. Der Milcheinschuss kam dann auch sehr schnell und ich konnte die beiden ausreichend satt bekommen, worüber ich sehr froh war. Ein ganz großes Plus für uns war, dass wir e
in Familienzimmer hatten und mein Mann die ganze Zeit da war. Er hat das Wickeln und Umziehen übernommen – ich konnte am ersten Tag noch nicht aufstehen – und hat mir die Kleinen immer zum Stillen und Kuscheln gebracht. Es hat alles wunderbar geklappt und wir waren immer mit den beiden zusammen. Sie waren keine einzige Minute im Säuglingszimmer!
Zu Hause angekommen, ging es dann doch etwas chaotischer zu. Wir waren in den ersten Tagen quasi rund um die Uhr mit den Zwillingen beschäftigt und hatten nicht einmal Zeit etwas Ordentliches zu kochen. Da ich aber bis zu zwanzig Mal pro 24
Stunden stillte, ging das mangelhafte Essen sehr an meine Substanz und ich hatte das
Gefühl regelrecht zu verhungern. Zum Glück hat sich alles nach einiger Zeit eingependelt und es kam so etwas wie Routine in den Alltag. Auch das Kochen von gesundem und nahrhaftem Essen gelang uns wieder.
Brustentzündungen
Meine ersten Monate mit den Zwillingen bestanden hauptsächlich aus Stillen, Wickeln und nicht mehr als ein bis maximal zwei Stunden Schlaf am Stück. Untertags stillte ich meistens Tandem, was zeitsparender war. In der Nacht stillte ich so gut wie immer hintereinander. Der Vorteil dabei war, dass ich beim Stillen liegen bleiben und vor mich hindösen konnte. An die kurzen Schlafphasen habe ich mich irgendwie gewöhnt.
Dann kam die erste Brustentzündung, die ich mit Ausstreichen unter der warmen Dusche und mit Topfenwickeln in den Griff bekommen habe. Dann kam die zweite Brustentzündung – ich habe tapfer weitergestillt, die Schmerzen ertragen und auch diese ging wieder vorbei. Schlussendlich wurde mir nach der dritten Brustentzündung, die mit Antibiotika behandelt werden musste, klar, dass das Stillen doch zu viel ist. Ich wollte unbedingt voll weiterstillen, habe aber für mich entschieden, dass ich zumindest eine kleine Verschnaufpause pro Tag brauche. Ab diesem Zeitpunkt – die Zwillinge waren etwas mehr als 3 Monate alt – bekam jede am Abend ein Fläschchen. Mich hat das unendlich entspannt, weil ich einmal pro Tag nicht stillen „musste“. Mein Mann und die großen Schwestern waren glücklich, weil sie auch füttern durften. So waren alle froh und den Kleinen hat es auch gefallen. Zwei Stunden nach dem Fläschchen hatten sie sowieso schon wieder Hunger und wurden gestillt. Und ich hatte keine Brustentzündung mehr!
Der Umstieg auf feste Nahrung
Ab dem 6. Monat begann ich dann langsam mit Beikost. Die feste Nahrung wurde von da an immer mehr und das Stillen immer weniger. Zum Schluss stillte ich sie dann nur mehr nachts und als die Zwillinge mit ca. 8 Monaten durchschliefen, war es auch mit dem Stillen vorbei.
Dies sind nun meine ganz persönlichen Erfahrungen, meine persönliche Geschichte. Da es aber natürlich wesentlich mehr Aspekte zu diesem Thema gibt, habe ich in der n Facebook-Gruppe „Zwillingsmütter aus Österreich“, die ich jeder Zwillingsmama wärmstens empfehlen kann, nachgefragt, ob und wie das mit dem Stillen von Zwillingen so geklappt hat.
Der Grundtenor und das oberste Gebot für jede Zwillingsmama lauten: „Lass dich nicht stressen! Von nichts und niemandem und …… stress dich vor allen Dingen nicht selbst!“
Hilfreiche Tipps von stillenden Zwillingsmüttern
- Jede Frau, die zum ersten Mal schwanger ist, steht vor einem großen, unbekannten Abenteuer und erst recht dann, wenn sie Zwillinge erwartet. Viele Fragen tauchen auf, es gibt Unsicherheiten und Ängste.
- Zum Thema „Stillen von Zwillingen“ fasse ich nun folgende Tipps von erfahrenen Zwillingsmüttern zusammen:
Lass dir auf gar keinen Fall einreden, dass das Stillen von Zwillingen nicht klappen kann – das stimmt einfach nicht! - Hole dir bei Unsicherheiten die Unterstützung von einer Stillberaterin und keinesfalls 0815- Tipps – vor allen Dingen nicht von Leuten die KEINE Zwillinge haben!
- Auch das Stillen von Frühchen kann klappen, wenn sie nicht allzu schwach sind – probiere es einfach. Bei sehr kleinen Frühchen zahlt es sich in jedem Fall aus die Milch abzupumpen und zu füttern – bleib dran, auch wenn es anstrengend ist. Irgendwann schaffen sie es und trinken von der Brust.
- Achte unbedingt darauf, dass deine Zwillinge– wenn sie keine Frühchen sind – im Spital NICHT mit dem Fläschchen gefüttert werden! Das kann zu sehr großem Frust führen, wenn sie dann nicht mehr von der Brust trinken wollen.
- Wenn es nach wochenlangem Abpumpen und Füttern mit dem Fläschchen (bei Frühchen) immer noch nicht so recht klappt und du schon völlig entnervt und entkräftet bist – hilft oft die Entscheidung: entweder sie trinken jetzt von der Brust oder sie bekommen das Fläschchen und siehe da, meistens klappt das Stillen dann.
- Auch wenn du UNBEDINGT voll stillen möchtest, es aber nicht so recht klappt, ist eine Zwieernährung – also stillen und Flaschennahrung – auch total in Ordnung. Du bist deswegen keine schlechte Mutter!
- GANZ wichtig für dich als Zwillingsmama ist eine gute, gesunde und vor allen Dingen ausreichende Ernährung. Du darfst es nicht unterschätzen, wie anstrengend und Kräfte zehrend das Stillen von Zwillingen ist. Jedes Neugeborene trinkt zwischen 8 und 10 Mal – manchmal auch mehr – innerhalb von 24 Stunden. Bei Zwillingen ist es also das Doppelte. Organisiere dir unbedingt jemanden, der für dich einkauft und kocht oder koche vor der Geburt vor. Du wirst in den ersten Wochen nicht dazu kommen. Glaube mir!
- Untertags bewährt sich das Tandem-Stillen mit einem guten Stillkissen – dabei liegen die Babys mit ihren Köpfchen zueinander vor deiner Brust und die Beine sind unter deinen Armen. Hier kannst du ganz besonders schöne und intensive Momente mit deinen Zwergen genießen. Außerdem geht es schneller und du hast mehr Zeit für andere Dinge oder vielleicht für schon größere Geschwister.
- Die meisten stillenden Zwillingsmamas schwören nachts auf das Familienbett, in dem ein Zwilling links und einer rechts liegt. So kannst du dich einfach zu dem, der sich gerade meldet, hindrehen und stillen. Du kannst gemütlich liegen bleiben und bekommst noch genug Schlaf.
- Auch das Langzeitstillen ist mit Zwillingen möglich. Es gibt Zwillingsmütter, die ihre Zwillinge zwei Jahre und länger problemlos stillen können. Eine Mama hat sogar ihre 1,5 Jahre alte Tochter noch in der Früh vor der Geburt und dann die Zwillinge einfach weitergestillt. Es ist alles möglich, was du zulassen willst.
- Erwähnenswert ist unbedingt noch, dass bei ungünstiger Hormonlage (z.B. PCO-Syndrom) oder Diabetes(neigung) eine ausreichende Milchproduktion deutlich erschwert sein kann. Das betrifft Zwillingsmütter mehr als andere, da einerseits mehr Milch zur Verfügung stehen muss und andererseits Frauen mit PCO häufiger Zwillinge bekommen, da öfter zwei Eizellen gleichzeitig „springen“. Zudem kommt Schwangerschaftsdiabetes bei Zwillingsmüttern häufiger vor und wenn sich die Zuckerwerte nicht rasch genug stabilisieren, erschwert das die Milchproduktion. In solchen Fällen ist eine Zwieernährung durchaus sinnvoll und entspannt die Situation.
- Last but not least möchte ich noch erwähnen, dass du dir als stillende Zwillingsmama ordentlich viel Geld und Zeit ersparst und auch mehr Schlaf bekommst.
Zwillinge sind ein unglaubliches Wunder der Natur – du wirst es sehen, wenn sie vor dir liegen und du es nicht fassen kannst, was da geschehen ist.
Alles Liebe,
euer Dagmar
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