Milch im Überfluss
In einem Land wo (Mutter-) Milch und Ho….ähm, Milch, und Milch und Milch fließen.
Auch ein Luxus“Problem“ ist ein Problem.
Und da waren sie. Tag 3 nach der Geburt und wenn ich an mir runterblickte, war zwar der Bauch verschwunden, ich sah aber trotzdem kaum den Boden. Der Milcheinschuss machte seinem Namen alle Ehre und die Brüste waren prall wie zwei große Bälle. Für eine sonst Körbchen A Trägerin waren diese „Monster“ echt sehr beeindruckend. Mein kleiner (großer) Neugeborener schien darüber erfreut und trank beherzt immer drauf los, am liebsten alle 1 ½-2 Stunden, um gleich nach 2 Minuten wieder ins Stillkoma zu fallen oder sich meist gleich mal wieder zu übergeben. Nicht weniger verwunderlich anscheinend und auch das Spucken danach schien in Ordnung zu sein für das KH-Personal, nachdem die Gewichtskurve wieder gut nach oben ging.
Die ersten 3 Wochen
Nach Woche 1 zu Hause hatte er schon wieder Geburtsgewicht (4070g), Woche 2 hatte er 4350g und in der Woche 3 wog ihn die Hebamme erneut und meinte plötzlich, er wäre am Limit – 4850g. Wie oft ich ihn den stille usw. kam gleich mal als erste Frage. Meine Antwort war, so wie bei Kind 1: Je nach Bedarf. Nachdem er nach wie vor einfach sehr schnell, hastig und furchtbar laut schmatzend und atmend trank, auch immer wieder danach oft schwallartig spuckte, schien er einfach mehr und öfter etwas zu brauchen. Dazu kam, dass er sich bei seinen oft sehr intensiven und lauten Schreiattacken kaum durch etwas anderes als den Busen beruhigen ließ. Wir sollten die Stillabstände vergrößern meinte sie und dann begann ein seeeehr langes Wochenende, welches uns echt viele Nerven kostete. Natürlich war Sohnemann mit dem größeren Stillabständen nicht zufrieden. Ihn quälten Bauchschmerzen, er wand sich teilweise so heftig, dass ich mitweinen musste. Er weinte sehr häufig bitterlich und so viele Windeltücher und Kleidung wie wir da brauchten, war unglaublich. Alles war voll gespuckt und überall schien Muttermilch drauf zu sein. Auch nachts schlief er sehr unruhig. Am Montag war es dann genug, wir fuhren zu den Schwiegereltern auf „Urlaub“, um ein wenig Unterstützung zu bekommen, denn die große Schwester litt natürlich auch sehr darunter, dass ihr Bruder plötzlich so intensiv oft weinen musste. Dort angekommen beschlossen mein Mann und ich, dass wir trotzdem nochmal Hilfe brauchen. Ich googelte nach Stillberaterinnen und meine Schwiegermutter kannte die sogar im Ort wohnende Stillberaterin Maria sogar persönlich. Ein Anruf und 2 Stunden später war sie da. Sie sah mir meine Verzweiflung an und war, so wie ich, auch der Überzeugung, dass mein Busen nicht entlastet ist, sondern sehr sehr prall. Ich möchte jetzt meine Erkenntnisse aus unserem 2stündigen Gespräch mitgeben und auch ihre Praxistipps hier anführen, denn für mich war das tatsächlich ein AHA-Erlebnis.
Ein Luxus“Problem“ – aber ein Problem.
Sie erkannte sofort, dass mein – obwohl sehr tüchtig trinkender und brav zunehmender – Sohn, mit dieser riesigen Milchmenge, die ich anscheinend produzierte, immer total überfordert war. In der Fachsprache nennt man diese Überproduktion „Hyperlaktation“. Sie meinte, es ist grundsätzlich schön, wenn man so ein Problem lösen kann, schwieriger wäre es, wenn man Milch herzaubern muss, wo keine ist. Die Problematik: Sobald ich meinen Sohn anlegte, war Milchreflex so stark, dass er dieses Multitasking von Saugen, Schlucken und Atmen nicht schaffen konnte. Die Milch spritzte förmlich in seinen Mund, er wusste nicht, wo er anfangen sollte und war dann nach 2-5 Minuten natürlich so erschöpft von dieser Anstrengung alles zu koordinieren, dass er weg schlief. Dieses Problem mussten wir in den Griff kriegen, denn sonst konnte dieser Teufelskreis aus zu viel Luft, Spucken, Schreiben, zu wenig erwischen, zu große Pausen, zu kleine Pausen nicht durchbrochen werden.
Tipps und Tricks
Den ersten wertvollen Trick, den sie mir sagte und zeigte, war, dass ich vor jedem Stillen die jeweilige Brust ausstreichen und „entleeren“ sollte. Da ich das Massieren der Brust zwar schaffte, aber es doch sehr lange dauerte, meinte sie, ich könnte es auch mit einer Milchpumpe versuchen und zwischen 80-100ml abpumpen. Dies würde den Druck vom Busen nehmen und dieses KEBS-Stillen (komplett entleerte Brust und Block Stillen) sollte dann eine große Erleichterung für den überforderten Sohn bringen. Ich entgegnete, dass ja Pumpen auch den Milchfluss zusätzlich anregen würde. Die Erklärung und Aufklärung kam prompt: Da er immer nur so kurz trinkt bisher, ist der Busen ständig unter „Strom“ und wir schaffen keine Entleerung. Er produziert immer wieder und immer nach. Sobald er mal komplett entleert ist und der Sohn davon trinkt, produziert der Körper nur nach Bedarf und nicht mehr zu viel. Innerhalb von 2-3 Wochen müsste es sich dann sowieso besser regulieren. Deshalb auch nur dann entleeren, wenn ich weiß, dass er jetzt bald trinken würde. Und siehe da, nach dem ersten Ausstreichen mit der Hilfe der Stillberaterin musste mein Sohn tatsächlich mal saugen, konnte ruhiger atmen und trank fast 10 Minuten sehr ruhig, bevor er sichtlich gesättigt und k.o. am Busen einschlief.
Stillposition ist nicht gleich Stillposition
Ich wusste, dass das Spucken nach dem Stillen weniger wird, wenn die Position des Babys beim Stillen eher aufrechter ist. Ich hatte von der Hoppe-Reiter-Position gelesen, aber meinte, das wäre nur für Babys im Sitzalter. Die Stillberaterin belehrte mich eines Besseren und zeigte mir, wie ich mein Kind am besten auf den Oberschenkel setzen sollte, ihn mit beiden Händen unter den Achseln festhalten musste, mich zurücklehnen konnte, damit der Kopf nach vorne auf den Busen fallen konnte. Nach 3-4 Versuchen schien es auch ganz gut zu klappen und wir hatten uns mit der Position zurechtgefunden. Es war anstrengend für ihn, er wurde nun durch die Position oft schneller müde, was ich an der Körperspannung immer feststellen konnte. Weil ich weiß, dass er sich nun weniger übergibt, lege ich ihn oft dann zum Abschlusstrinken in die sehr aufrechte Wiege-Position bzw. mit dem Kopf in der Armbeuge ab und meist schläft er dann so gut ein oder kann sich gut entspannen. Laid-Back-Nursing hilft mir nun, auch ohne komplett entleerte Brust den Milchfluss etwas zu kontrollieren. Das heißt ich stille in einer sehr zurückgelehnten Position. Gegen die Schwerkraft fließt die Milch dann doch etwas langsamer und der kleine Mann verschluckt sich nicht gleich am Anfang, sondern hat auch mittlerweile seine Erfolgserlebnisse und lernt auch mit etwas vollerer Brust gut umzugehen.
Block-Stillen
Die Stillberaterin sagte schließlich, es würde jetzt so sein, dass mein Sohn wahrscheinlich 10-20 Minuten nach dem ersten Stillen nochmal Hunger und einen Nachschlag brauchen würde. Wenn dem so ist, dann muss ich unbedingt wieder denselben Busen anbieten und ihn vom leeren Busen trinken lassen. Ich könnte sozusagen immer 2-3 Mal Stillen bzw. über bis zu 4 Stunden hinweg mit einer Brust abdecken und dann erst die andere abpumpen oder ausstreichen und ihm geben. Dieses Block-Stillen würde ebenfalls die Milchmenge besser regulieren, da nur mehr nach Bedarf und nicht im Überfluss produziert wird. Ich spürte schon nach dem ersten Vormittag eine totale Entspannung in der rechten Brust. Wo vorher noch ein Ziehen bis in die Achselhöhle zu spüren war, ein großer Druck auf Brust und Brustwarze war, war da plötzlich so etwas wie ein gelöstes Gefühl. Keine harten Stellen, keine Druckempfindlichkeit und auch beim Andocken und Saugen waren die leichten Schmerzen weg. Die blauen Adern waren etwas verblasst und die Hitze in der Brust verschwunden. KEBS-Stillen war für uns tatsächlich die Lösung. Ohne Stillberaterin und genau Anamnese sollte jedoch keine Frau diese Methode anwenden. Denn es kann auch durchaus kontraproduktiv sein und bei falscher Anwendung die Brust zu noch mehr Produktion anregen oder zum Versiegen der Milch führen kann.
Zusätzlich Maßnahmen
Vor dem Abpumpen bzw. der Komplett-Entleerung der Brust sollte diese gut massiert werden, auch hier werden höchstwahrscheinlich schon einige Tropfen, wenn nicht mehr, Muttermilch herausrinnen. Auch einen warmen Waschlappen auflegen kann helfen, das Ausstreichen und/oder Abpumpen zu erleichtern. Nach dem Stillen sollte dann eventuell eine kalte Kompresse oder bei Gefahr zur Entzündung oder bereits vorhandener Entzündung oder Milchstau auch kalter Topfen aufgelegt werden. Kälte verringert die Milchproduktion, weil sich die Blutgefäße zusammenziehen.
Auch sonst hilft eine Brustmassage generell sehr gut vor dem Stillen. Durch eine Massage lösen sich die Fettkügelchen früher von den Wänden und somit erhält das Baby bereits früher fettreiche Milch. Das Milchfett löst sich während der Stillmahlzeit mit jedem Milchspendereflex von den Wänden der milchbildenden Alveolen in die wässrige Phase der Milch. Deshalb nimmt der Fettgehalt der Milch während der Stillmahlzeit allmählich zu. Für so schnelle uns hastig trinkende Babys wie meines, ist das nur von Vorteil, denn somit kommt von vornherein schon reichhaltigere Milch und die Babys werden gut satt.
3 Wochen später
Ich gebe zu, den richtigen Zeitpunkt zum Abpumpen und/oder Ausstreichen zu finden mit einem Neugeborenen ohne Rhythmus war doch sehr herausfordernd. Nicht nur 1x mussten Omas oder Papa für 5 Minuten den Kleinen herumtragen, damit ich doch noch einiges aus der Brust herausbekam, bevor er trinken konnte. Das Abpumpen funktioniert nach wie vor super, eine einfach Handpumpe aus dem Drogeriemarkt erfüllt den Zweck und passt gut. Wenn der Busen zum Beispiel voll war, dann pumpte ich innerhalb von 5-10 Minuten mindestens 120ml Muttermilch ab. Diese wurde nicht verschüttet, sondern jedes zweite Mal eingefroren. Denn so bleibt die Milch auch gut haltbar und für den Fall der Fälle ist etwas in Reserve da. Ich habe die ersten 5 Tage nach der Stillberatung mindestens dreimal am Tag abgepumpt. Danach einmal in der Früh und zu Mittag. 3 Wochen später fühlt sich meine Brust auch ohne Abpumpen den ganzen Tag über „normal“ an. Wenn die Nacht besonders gut war und eine Brust voll bleibt, dann pumpe ich kurz vor dem Aufwachen des Kleinen 100ml ab und es geht uns beiden gut damit. Das KEBS-Stillen ist auch nur für kurze Dauer empfohlen, da sonst die Milch wieder überproduziert wird. Mittlerweile fließt die Milch langsamer, sie wird bedarfsgerecht produziert.
Spucken und Co
Ich kann jetzt nicht behaupten, dass der kleine Mann nicht mehr spuckt, das tut er nach wie vor in Maßen. Er ist einfach ein Genuss- und Zuviel-Trinker und der kleine Magen kann doch nicht alles halten bzw. hat er auch ein bisschen Reflux. Ab und zu trinkt er doch noch sehr hastig, doch wenn die notwendige Ruhe da ist, dauern plötzlich Stillphasen auch mal 20-30 Minuten und dann gibt es kaum Spuckunfälle. Was definitiv besser ist, ist generell das Trinkverhalten und er erwischt kaum bis keine Luft mehr beim Trinken. Er umfasst ordentlich die gesamte Brustwarze, hat ein gutes Saugverhalten und kann das Schlucken und Atmen gut koordinieren. Somit hält sich auch sein Schreien auf Grund von Bauchschmerzen, Blähungen in Grenzen bzw. kommt meist nur kurz 3-4 Minuten mal abends vor. In der Nacht schläft er nach ruhigem Stillen sofort wieder ein, ich muss ihn nicht mehr herumtragen. Mittlerweile ist der kleine Mann 6 Wochen alt und ich habe das KEBS-Stillen eingestellt. Außer er verlangt 20 Minuten nach der ersten Mahlzeit noch einmal etwas, dann biete ich ihm denselben Busen nochmal an, weil er ihn oft nur mehr zum Nuckeln braucht.
Ich bin sehr dankbar, gleich die Stillberaterin kontaktiert zu haben, denn sie hat mir echt sehr geholfen; viel mehr als die eigentlich nachbetreuende Hebamme. Vielleicht lassen sich die Krankenkassen mal davon überzeugen, dass eine Stillberatung für jede neue Mama im Wochenbett dazugehört? Wäre echt schön und es würden viele Problematiken erst gar nicht auftreten.
Ich wünsche dir alles Gute für deine Stillzeit und scheue dich nicht davor, Hilfe anzunehmen, auch wenn du glaubst, es läuft eigentlich eh alles super.
Alles Liebe,
euer Magdalena
www.mamafit.at/trainer/magdalena-schedl
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